A poet is a man who lies
   And he depends on you:
   Because you have to realize,
   That all his lies are true.

       Kurt Kusenberg 1965

Kusenberg hat im Laufe seines Lebens immer wieder - oft mit selbstironischen Zwischentönen - Selbstdarstellungen verfaßt, die uns einen kleinen Einblick in sein Leben, seine Einstellungen und sein Schreiben geben. Hier ein kleiner Auszug aus der Welt des Kurt Kusenberg in Stichworten:

   Alkohol Märchen
   Bosheit Nationalsozialismus
   Einfälle Politik
   Fähigkeiten Romane
   Frau Schreiben
   Kleine Prosa Sinn
   Kritik Tod
   Kunst Unsinn
   Kurzgeschichte Wirklichkeit
   Leser
 
1931 Kurzer Lebenslauf in der Dissertation
1942 Brief an Herrn Leitner vom 10.4.42
Original liegt vor.
"Genau das strebe ich an: ich will die Menschen erheitern, verzaubern und entführen, ich will, daß sie nach Sinn und Unsinn nicht fragen, sondern in meine Geisteswelt einsteigen und sie mitmachen."
 
(1947) Lebenslauf
Geschrieben in Bühl/Baden. Unveröffentlicht. Nachweis: Pearson, Jean E. - Kurt Kusenberg. Humorist of the Fantastic, S. 165
"Als Goebbels die freie Kritik verbot und stattdessen 'Kunstbetrachtung' verlangte, stellte ich meine Tätigkeit als Kritiker ein." (Pearson, S. 156)
 
1950 Aus dem Nachlaß
zitiert nach: Zwist unter Zauberern, S. 231
Ich besitze nur zwei Fähigkeiten: ich kann ein wenig schreiben und ich kann mit den Ohren wackeln. Das das Ohrenwackeln nichts einbringt, habe ich mich aufs Schreiben verlegt. Sobald eine Arbeit fertig ist, trinke ich eine Flasche Wein, zur Belohnung. Damit ich schneller an den Wein komme, werden meine Arbeiten immer kürzer. Man nennt das dann: Meister der kleinen Form.
1954 Nirgends zeigt sich Sinn. Ein Selbstporträt.
in: Welt und Wort. Literarische Monatszeitschrift, Tübingen, 1954 Heft 8  (August), S. 268.
Wenn jemand in meinen Geschichten einen Sinn sucht, so ist das seine Sache; ich habe keinen hineingetan. Es besteht natürlich die Möglichkeit, daß ohne mein Wissen Sinn hineingeraten ist. 
So weit ich mich umsehe in der Welt: nirgends zeigt sich Sinn. Wo also hätte ich welchen hernehmen können? An Unsinn hingegen herrscht kein Mangel, nur handelt es sich meist um recht traurigen Unsinn. Da habe ich Besseres zu bieten, nämlich lustigen Unsinn, der nichts anderes sein will, als das was er ist.
In meinen Geschichten weiß der Leser nie recht, woran er ist. Es kommt wohl daher, daß ich es auch nicht weiß. Das aber ist in der großen, wirklichen Welt nicht anders. Die Völker wissen nicht, woran sie sind, weil ihre Führer es erst recht nicht wissen. Insofern sind meine Geschichten gar nicht so unwirklich, wie man ihnen nachsagt. Ich jedenfalls, halte sie für ungemein wirklich.
(1954) (Autobiographische Skizze)
Unveröffentlicht. Nachweis: Pearson, Jean E. - Kurt Kusenberg. Humorist of the Fantastic, S. 165
Einige Selbstbeobachtungen
Unveröffentlicht. Nachweis: Pearson, Jean E. - Kurt Kusenberg. Humorist of the Fantastic, S. 165
Brief an H. M. Ledig-Rowohlt, 7.4.54
Unveröffentlicht. Nachweis: Pearson, Jean E. - Kurt Kusenberg. Humorist of the Fantastic, S. 15
Ich bin ein Augenmensch, als Kunstliebhaber oder Erzähler; eigentlich 'male' oder 'zeichne' ich meine Geschichten.
1963 Autobiographisches
in: Kusenberg, Kurt - Zwist unter Zauberern, Reinbek 1998, S. 235-37
Zwei Fragen werden immer wieder an mich gestellt. Die erste: Wie kommen Sie bloß auf diese sonderbaren Einfälle? Antwort: Die Einfälle kommen zu mir. Wer nicht sucht, der findet. Die zweite Frage: Wie ist diese oder jene Geschichte zu verstehen? Gar nicht. Ich verstehe sie selber nicht.
Daß die Leute in meinen Erzählungen unbedingt einen Sinn finden wollen, belustigt mich sehr. Warum gerade dort? Sie finden sich damit ab, daß die Politik sinnlos betrieben wird, daß unsinnige Verordnungen erscheinen, ja, daß ihr Leben nicht viel Sinn hat. Warum sollen dann meine Geschichten Sinn haben?
1967 Warum ich nicht wie E.T.A. Hoffmann schreibe. Kurt Kusenberg über seine literarischen Vorbilder.
in: Schultz, Uwe (Hrsg.) - Fünfzehn Autoren suchen sich selbst. Modell und Provokation, München 1967, S. 72-83.
Die Kritik ehrt oder mißversteht bisweilen meine Arbeiten, indem sie von Märchen spricht - von Kunstmärchen natürlich. Ich glaube nicht, daß es Märchen sind... Es sei jedoch nicht bestritten, daß meine Erzählungen eine gewisse Ähnlichkeit mit Märchen haben, schon allein durch das freie Spiel der Imagination, die Aufhebung der Kausalität, die Ungebundenheit an Zeit und Ort, den herbeigewünschten und so gern berichteten Sieg des Guten über das Böse - oder sagen wir lieber: des Listig-Humorvollen über das Humorlose.
1970 Nekrolog auf einen Miniaturisten.
in: Kramberg, K.H. (Hrsg.) - Vorletzte Worte. Schriftsteller schreiben ihren eigenen Nachruf, Frankfurt o.J. (1970), S. 150-51.
Romanciers waren ihm ein Rätsel. Romane mied er - so gut es ging.
Er war kein engagierter Schriftsteller. Das ist, wie jeder weiß, etwas sehr Schlimmes. Für den Fall, daß man ihm sein Manko vorwerfe, hielt er den Satz parat: "Mein Engagement ist die Sprache". Leider hatte er nie Gelegenheit, diesen Satz an den Mann zu bringen. 
Sein Verhältnis zum Tode war geordnet, gelassen. Er rechnete täglich mit ihm, ließ sich aber dadurch in seiner Arbeit nicht stören.
Über sein Verhältnis zum Alkohol wollen wir lieber nicht reden. Es war kein Verhältnis, sondern eine lebenslange Ehe: Mit dem Rauchen stand es nicht anders. 
Obwohl genügend Bosheit in ihm steckte, war er gutmütig. 
Nachtrag: das Beste an ihm war seine Frau.
1971 "Wie mit der Lupe"
Veröffentlicht in: Salis, Richard (Hrsg.) - Motive. Deutsche Autoren zur Frage: Warum schreiben Sie?, Tübingen 1971, S.  214-218
Warum ich schreibe? - Fast möchte ich antworten: weil ich sonst nichts kann. Aber das wäre ein kokettes Understatement... Sagen wir also: ich schreibe, weil ich gern schreibe - mit der Zurücknahme, daß ich nicht gern viel schreibe.
Die kleine Prosa, gedrängt, gefeilt, scheint mir auferlegt zu sein; ich habe immer wie mit der Lupe gearbeitet. Darum kommen, außer einigen Novellen, nur Kurzgeschichten aufs Papier, sehr kurze Kurzgeschichten. Mein Ehrgeiz war seit jeher das Konzentrat, an dem nichts mehr zu kürzen ist, es sei denn, man streicht auch es und unterläßt das Schreiben.
Theoretiker der modernen Kurzgeschichten postulieren, sie solle die Handlung auf ein Minimum beschränken, und ihr Ende müsse offen sein. Derlei habe ich auch gemacht... Heute denke ich anders darüber. Ich entwickle Handlung, ich bringe einen richtigen Schluß, der jedoch keine Pointe ist, sondern sich wie von selbst einstellt; unmerklich steuert alles auf ihn hin. Eine Kurzgeschichte, meine ich, sollte sich runden. Sie muß es durchaus nicht, aber es ist freundlich von ihr, wenn sie es tut.